Wann spricht man von einer verhaltensbedingten Kündigung?
Von einer verhaltensbedingten Kündigung spricht man, wenn das Arbeitsverhältnis aufgrund einer persönlichen Pflichtverletzung durch Kündigung beendet wird. Der Grund in der Beendigung des Arbeitsverhältnisses liegt also in einem bestimmten, vertragswidrigen Verhalten. Dem anderen Vertragspartner darf die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zuzumuten sein.
Was sind die Voraussetzungen für eine verhaltensbedingte Kündigung?
Zunächst muss eine Pflichtverletzung des Arbeitnehmers vorliegen. Dabei reicht nicht jeder beliebige Verstoß aus, es muss sich vielmehr um eine Pflichtverletzung von erheblicher Bedeutung handeln. Der Verstoß muss sich als rechtswidrig und schuldhaft erweisen. Es dürfen folglich keine Rechtfertigungsgründe (z.B. Notwehr) zugunsten des Arbeitnehmers eingreifen, dieser muss zudem vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt haben. Vor Ausspruch der Kündigung muss der Arbeitgeber zudem prüfen, ob ein milderes Mittel als die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht kommt (z.B. Ermahnung, Abmahnung, Versetzung oder Änderungskündigung). Schließlich muss der Arbeitnehmer immer eine Interessenabwägung vornehmen. Nur wenn die schutzwürdigen Belange des Arbeitgebers die des Arbeitnehmers überwiegen, ist die Kündigung gerechtfertigt.
Welches Fehlverhalten kann eine Kündigung rechtfertigen?
Ob ein vertragliches Fehlverhalten für eine Kündigung ausreicht, ist immer eine Frage des Einzelfalls. Maßgeblich sind dabei insbesondere Intensität und Tragweite des Pflichtverstoßes. Einfache Verstöße wie Verspätungen oder einfache Schlechtleistungen rechtfertigen in aller Regel keine sofortige Kündigung. Hier müssen ähnliche Verstöße vorausgegangen und abgemahnt worden sein. Schwerer wiegen dagegen Verletzungen der vertraglichen Nebenpflichten, wie das Unterlassen der Krankmeldung, Beleidigungen, nicht erlaubte Internetnutzung oder Alkoholisierung am Arbeitsplatz.
Muss einer verhaltensbedingten Kündigung immer eine Abmahnung vorausgehen?
In der Regel schon. Allerdings gibt es eng begrenzte Ausnahmefälle, in denen der Vertragsverstoß so schwer wiegt, dass eine vorherige Abmahnung entbehrlich ist. Dabei handelt es sich insbesondere Pflichtverstöße im Vertrauensbereich, wie Vermögensdelikte (Diebstahl, Betrug, Unterschlagung). Früher galt hier in der Rechtsprechung der eiserne Grundsatz, dass jedes Vermögensschadensdelikt die Kündigung rechtfertigte, egal wie hoch der Schaden war. Davon ist das Bundesarbeitsgericht in seiner berühmten Pfandbon-Entscheidung (Emmely) aus dem Jahre 2010 abgerückt. Nunmehr ist bei der Abwägung zu berücksichtigen, wie erheblich der Vermögensschaden ist und wie lange das Arbeitsverhältnis bestanden hat. Bei kleinen Schäden und langen Arbeitsverhältnissen kann sich die Kündigung somit als unverhältnismäßig darstellen.
Muss der Arbeitgeber bei der Kündigung eine Frist beachten?
Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer verhaltensbedingt fristlos kündigen möchte, dann muss er dies binnen zwei Wochen ab Kenntnis von dem Kündigungsgrund tun. Versäumt er diese Frist, dann ist die fristlose Kündigung unwirksam. Spricht der Arbeitgeber dagegen eine ordentliche Kündigung -also unter Einhaltung der geltenden Kündigungsfrist- aus, dann ist er an die 2-Wochen-Frist nicht gebunden.
Der praktische Fall: Frau Rau (49) aus Hamburg-Osdorf ist seit 28 Jahren bei einem Lebensmittelmarkt in Uetersen beschäftigt. Im Rahmen eines Personalgesprächs wird ihr zur Last gelegt, sie habe 6 Wochen zuvor unbefugt eine Tüte Brötchen mit nach Hause genommen. Diese habe sie nicht bezahlt, und auch sonst nicht um Erlaubnis gefragt. Frau Rau erhält daraufhin eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung. Sie wendet sich an einen Fachanwalt für Arbeitsrecht in Schenefeld und fragt nach ihren Rechten.
Der Rechtsanwalt rät Frau Rau zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage beim für Uetersen zuständigen Arbeitsgericht in Elmshorn. Die fristlose Kündigung könnte bereits wegen Fristversäumung unwirksam sein, da der vorgeworfene Verstoß bereits 6 Wochen zurückliegt. Zudem ist auch die Wirksamkeit der hilfsweise ordentlichen Kündigung zweifelhaft, da Frau Rau praktisch ihr gesamtes Arbeitsleben bei dem Arbeitgeber verbracht hat und der behauptete Schaden vergleichsweise gering ist.