Von einer fristlosen Kündigung spricht man, wenn die Kündigungserklärung mit sofortiger Wirkung und ohne Einhaltung der eigentlich geltenden Kündigungsfrist ausgesprochen wird. Das Gesetz nennt sie deshalb außerordentlichen Kündigung, in Abgrenzung zur ordentlichen Kündigung, die die Kündigungsfrist wahrt. Die fristlose Kündigung wird mit ihrem Zugang beim Arbeitnehmer wirksam und beendet das Arbeitsverhältnis unmittelbar.
Wenn ein Arbeitnehmer seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt, stehen dem Arbeitgeber eine ganze Reihe von Sanktionsmöglichkeiten zur Verfügung. Er kann die Probleme im Rahmen eines Personalgesprächs erörtern, er kann den Arbeitnehmer ermahnen oder eine förmliche Abmahnung erteilen. Reicht dies nicht aus, dann kommen weitergehende Maßnahmen wie Versetzung, Änderungskündigung oder ordentliche Kündigung in Betracht.
Die fristlose Kündigung ist die härteste Sanktion, die dem Arbeitgeber zur Verfügung steht. Sie ist die „ultima ratio“, also das letzte geeignete Mittel, um einem Fehlverhalten des Arbeitnehmers zu begegnen. Stehen andere geeignete, mildere Mittel zur Verfügung, dann muss der Arbeitgeber davon vorrangig Gebrauch machen. Da die fristlose Kündigung somit das schärfste Schwert darstellt, sind die rechtlichen Voraussetzungen besonders streng. Das Vertrauen des Arbeitgebers in den Arbeitnehmer muss vollständig aufgebraucht sein, es darf ihm nicht zumutbar sein, den Arbeitnehmer auch nur einen weiteren Tag zu beschäftigen.
Der Arbeitnehmer muss vor Ausspruch der fristlosen Kündigung zwingend eine Güterabwägung vornehmen, im Rahmen derer er die Vor- und Nachteile für das Unternehmen und den Arbeitnehmer gegeneinander abwägt. Auf Seiten des Arbeitnehmers ist dabei seine persönliche Situation zu betrachten, insbesondere sein Alter, seine Betriebszugehörigkeit und seine Familiensituation.
Im Grundsatz muss einer fristlosen Kündigung immer eine Abmahnung vorausgegangen sein. Nur in absoluten Ausnahmefällen ist dies entbehrlich, nämlich dann, wenn das Fehlverhalten des Arbeitnehmers besonders gravierend ist. Zu nennen sind hier insbesondere Verstöße im Bereich der Vermögensdelikte (Diebstahl, Betrug), sowie körperliche Angriffe und schwere Beleidigungen.
Der Arbeitgeber muss zudem die 2-Wochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB beachten. Sobald er Kenntnis von dem besonderen Kündigungsgrund erlangt, hat er nur zwei Wochen Zeit, um die fristlose Kündigung auszusprechen. Bei Fristversäumung gilt die Kündigung als unwirksam.
Der praktische Fall:
Herr Schmidt aus Quickborn arbeitet seit 20 Jahren in einem Logistikunternehmen mit Sitz in Pinneberg. Eines Morgens gerät er am Betriebssitz in Pinneberg in der Umkleidekabine mit dem Kollegen Vogel aneinander, da dieser sein Lieferfahrzeug zum wiederholten Male nicht am vorgeschriebenen Platz abgestellt hat. Im Eifer des Gefechts bezeichnet Schmidt den Kollegen als Stinkstiefel, der für seine unkollegiale Art bekannt sei. Nachdem der Arbeitgeber von der Vorfall Kenntnis erlangt hat, kündigt er das Arbeitsverhältnis mit Schmidt außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich zum nächstmöglichen Termin. Schmidt, der zuvor nie unangenehm aufgefallen war, beauftragt einen Anwalt, der innerhalb der dreiwöchigen Kündigungsfrist Kündigungsschutzklage beim für Pinneberg zuständigen Arbeitsgericht in Elmshorn erhebt.
In diesem Fall hat die fristlose Kündigung keine Aussicht auf Erfolg. Der Begriff „Stinkstiefel“ stellt sicherlich eine Beleidigung dar und kann insoweit auch arbeitsvertraglich sanktioniert werden. Aufgrund der Gesamtumstände kommen aber andere geeignete und weniger einschneidende Mittel in Betracht, als die außerordentliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Anlass für den Streit war das Fehlverhalten des Kollegen, die Beleidigung erfolgte im Eifer des Gefechts, der Schmidt hat eine lange Betriebszugehörigkeit in dem Betrieb in Pinneberg und hat sich bislang tadellos verhalten. Der Ausspruch einer Abmahnung oder eine Versetzung wären daher ebenfalls geeignet gewesen, um dem Fehlverhalten des Schmidt angemessen zu begegnen. Vor diesem Hintergrund ist es auch äußerst zweifelhaft, ob die hilfsweise ordentlich ausgesprochene Kündigung Bestand haben kann.
Der vorstehende Fall macht deutlich, wie hoch die gesetzlichen Anforderungen an eine fristlose Kündigung sind. Die Erfahrung zeigt, dass die überwiegende Mehrheit der außerordentlichen Kündigungen tatsächlich unwirksam ist. Oft ist dies den Arbeitgebern auch durchaus bewusst, sie spekulieren darauf, dass man sich im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens auf eine ordentliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses einigen kann. In jedem Fall sollte man eine fristlose Kündigung anwaltlich überprüfen lassen, denn die Konsequenzen sind weitreichend. Eine außerordentliche Kündigung führt praktisch immer zu einer Sperrfrist für den Bezug für Arbeitslosengeld bei der Bundesagentur, da der Arbeitnehmer die Beendigung aufgrund seines Fehlverhaltens selbst verschuldet hat. Klagt man also nicht gegen die Kündigung, dann wird das Eigenverschulden unterstellt.